Thema der vorliegenden Arbeit ist die Beschreibung von
Ladungstransporteigenschaften molekularer Systeme, wenn diese das
Verbindungsstück zweier Elektroden bilden.
Einen technologischen Meilenstein setzte auf diesem Gebiet die
Rastertunnelmikroskopie, welche ursprünglich für die
Abbildung von Oberflächen mit atomarer Auflösung
entwickelt wurde (Binnig et al., 1981). Heute ermöglicht
sie die gezielte Untersuchung von Transporteigenschaften
einzelner, auf Oberflächen adsorbierter Moleküle.
Parallel dazu hat der immense Fortschritt in der Miniaturisierung
klassischer elektronischer Bauteile in jüngster Zeit
ermöglicht, Zuleitungsstrukturen auf der Nanometerskala zu
bauen, und diese mit einzelnen oder wenigen Molekülen zu
überbrücken (Reed et al., 1997). Es besteht die
Hoffnung, mit solchen Systemen Schaltungselemente zu realisieren,
die heutigen elektronischen Bauteilen in Hinblick auf ihre
Effizienz und den Grad ihrer Miniaturisierung deutlich
überlegen sind.
Experimente mit diesen molekularelektronischen Apparaten werfen
die Frage auf, wie sich die chemische Natur eines Moleküls
sowie seine Kopplung an die Oberfläche der Elektroden auf die
Leitungseigenschaften auswirkt. Eine theoretische Beantwortung
dieser Frage erzwingt eine quantenmechanische Beschreibung des
Systems. Ein genaues Verständnis dieser Zusammenhänge
würde ein gezieltes Entwerfen molekuarelektronischer Bauteile
ermöglichen. Trotz bedeutender experimenteller wie
theoretischer Fortschritte besteht zwischen den Ergebnissen bisher
allerdings nur beschränkt Übereinstimmung.
Diese Arbeit beginnt mit einem Überblick über die
gängigen Methoden zur theoretischen Beschreibung von
Ladungstransport durch molekulare Systeme und charakterisiert sie
hinsichtlich der ihnen zugrundeliegenden Annahmen und
Näherungen. Dabei findet eine Unterteilung in
störungstheoretische sowie streutheoretische Verfahren
statt.
Anschließend werden Methoden der Quantenchemie behandelt, da diese in
nahezu allen Ansätzen zur Beschreibung von elektronischem
Transport durch molekulare Systeme Anwendung finden. Wir
liefern eine Zusammenstellung der wichtigsten
unter den auf diesem Gebiet in immenser Anzahl entwickelten
Methoden und der ihnen zugrundeliegenden Näherungen.
Auf diese allgemeinen Darstellungen folgt eine detaillierte
Beschreibung des numerischen Verfahrens, das im Rahmen dieser
Dissertation zur Berechnung von Stromtransport durch
Molekülstrukturen implementiert worden ist.
Mit der vorliegenden Arbeit wird eine Verallgemeinerung
eingeführt, die eine vormalige Einschränkung der ursprünglichen
Methode bezüglich der betrachtbaren Systeme beseitigt.
Diese so erhaltene Methode wird dann verwendet, um der durch
Experimente von Dupraz et al. (2003) aufgekommenen Frage
nachzugehen, welchen Einfluß die verschiedenen geometrischen
Anordnungen einer Gruppe von identischen Molekülen auf die
Leitfähigkeitseigenschaften eines molekularelektronischen
Apparats ausüben. Unsere Untersuchungen zeigen, daß sich die
Transporteigenschaften nur bei Bildung von Molekülgruppierungen
mit bedeutender intermolekularer Wechselwirkung
wesentlich von denen einzelner Moleküle unterscheiden. Damit
lassen sich Konsequenzen aus der Stabilität von Molekül-Elektroden
Verbindungen für die Reproduzierbarkeit von gewonnenen Meßdaten
ableiten.
Abschließend befassen wir uns mit der Berechnung von
Rastertunnelmikroskop-Bildern. Dabei geben wir zuerst
einen Überblick über bisherige Anwendungen von Modellrechnungen
zur Erklärung experimenteller Daten. Dann präsentieren wir eigene
Berechnungen, die im Rahmen einer Kooperation mit
Constable et al. (2004) dazu beitragen sollen, durch Vergleich
mit deren experimentellen Bildern verschiedene Konformationen
eines auf Graphit adsorbierten Moleküls identifizieren zu können.
Die enorme Größe des Moleküls führt zu Gesamtsystemgrößen, die
eine numerische Durchführung in der Praxis bisher scheitern
ließen. Durch eine neuartige Zerlegung des Eigenwertproblems, das
die praktische Durchführung der von uns verwendeten Methode
bisher verhinderte, sind wir in der Lage, erstmalig Berechnungen
für weitaus größere als die bisher betrachtbaren Systeme
durchzuführen.