Pathogene Yersinien injizieren während einer Infektion über ihr TypIII-Sekretionssystem
bakterielle Moduline, sogenannte Yops, in Immunzellen, um das Immunsystem zu stören. Zu
Beginn dieser Arbeit war bekannt, dass die injizierten Yersinia enterocolitica-Moduline YopE
und YopT das Aktinzytoskelett angreifen. Mit dem Ziel der näheren Charakterisierung der
zugrunde liegenden Mechanismen wurde insbesondere der Effekt von Y. enterocolitica-YopE
auf aktinregulierende Signaltransduktionswege in menschlichen Endothelzellen (HUVEC)
untersucht. Zu diesem Zweck wurde ein Yersinia-Stamm hergestellt, welcher YopE als
einzigen Effektor transloziert.
Mit diesem Stamm infizierte ruhende HUVEC zeigten eine Veränderung des
Aktinzytoskeletts ähnlich wie nach Mikroinjektion von dominant negativem N17Rac, was auf
eine Inaktivierung von Rac hindeutete. Zur weiteren Untersuchung wurden in infizierten
Endothelzellen durch extrazelluläre Stimuli einzelne Rho-GTPasen aktiviert und die dabei
ausgebildeten Aktinstrukturen beobachtet. Dabei ergab sich keine Beeinträchtigung der
Neubildung CDC42- und Rho-vermittelter Aktinstrukturen (Filopodien und Stressfasern)
durch YopE, jedoch eine spezifische Hemmung Rac-induzierter Lamellipodien.
Frühere Untersuchungen hatten demonstriert, dass es sich bei YopE um ein sogenanntes GAP
(„GTPase activating protein“) handelt, welches in vitro die Proteine Rho, Rac und CDC42
hemmt. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit weisen darauf hin, dass in Endothelzellen
transloziertes YopE höchst selektiv auf die Ras-ähnliche GTPase Rac wirkt, jedoch keinen
Effekt auf CDC42 oder Rho ausübt. Diese Ergebnisse zeigen, dass YopE von Yersinia Rho-
GTPase-abhängige Signaltransduktionswege mit einer bemerkenswerten Spezifität in
primären Zielzellen beeinflussen kann. Überdies wurde die genannte Spezifität auch in
primären Makrophagen nachgewiesen.
Weiterhin zeigte sich im HUVEC-Infektionsversuch, dass die Hemmung der typischerweise
Rho-vermittelten Aktin-Stressfasern YopT-abhängig ist. Morphologische Veränderungen von
Aktinstrukturen, wie sie typischerweise bei der Unterbrechung von CDC42- oder Racvermittelten
Signalen vorkommen, wurden nicht beobachtet. In Zusammenhang damit konnte gezeigt werden, dass genannter Effekt auf eine chemische Modifikation und folgliche
Inaktivierung von RhoA zurückzuführen ist (Zumbihl et al., 1999).
Damit unterscheiden sich YopT und YopE in ihrem Wirkmechanismus und spezifischen
Zielmolekül, greifen andererseits jedoch beide direkt an Rho-GTPasen an. Sie könnten
deshalb synergistisch bei der Pathogenität von Y. enterocolitica wirken. Darüber hinaus
könnten YopE und YopT aufgrund ihrer Spezifität zukünftig als wertvolle Hilfsmittel zur
Untersuchung zellulärer Regulationsvorgänge dienen