

Gibt es einen wunderbareren Jubel? Geht es schöner als heute? "Christ ist erstanden, von der Marter alle, halleluja" – gesegnete, frohe und hallelujavolle Ostern wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen!Der Osterspaziergang von Johann Wolfgang Goethe ist wohl der schönste weltliche Hymnus an das Osterfest. Viele von uns haben das als Schüler auswendiggelernt, um Beispiel diese erste Strophe: "Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, Durch des Frühlings holden, belebenden Blick, Im Tale grünet Hoffnungs-Glück; der alte Winter, in seiner Schwäche, zog sich in raue Berge zurück." oder "Aus dem hohlen finstern Tor dringt ein buntes Gewimmel hervor. Jeder sonnt sich heute so gern. Sie feiern die Auferstehung des Herrn, Denn sie sind selber auferstanden."Oder machen Sie heute einen Emmausgang? Viele von uns kennen diesen Begriff noch: Am Ostermontag geht man spazieren, will mit allen Sinnen die auferstandene, aufgeblühte Schöpfung genießen. Der ursprüngliche Emmausgang, der Weg der beiden Jünger nach Emmaus, war alles andere als ein fröhlich leichter Gang: Alle Hoffnungen auf Zukunft mit Jesus hatten sich zerschlagen, die drei gemeinsamen Jahre mit ihm sind weg und verblasst, und nach dem schmählichen Kreuzestod geht gar nichts mehr. Sie fliehen aus Jerusalem, sie gehen nach Hause. Und dann kommt ein Dritter dazu, den sie nicht erkennen, und der fragt ganz arglos, was denn los war in Jerusalem und sie erzählen ihm alles: vom Tod Jesu, von seinem Leben und Wirken vorher und ihrer großen Enttäuschung: Wir aber hatten gehofft…Und sie erzählen auch von der Aufregung am Morgen: dass die Frauen am Grab gewesen seien aber den Leichnam Jesu nicht gefunden haben, aber Engel berichtet haben er lebe. Und dann am Abend, als sie miteinander das Brot brechen, da erst erkennen sie ihn, den auferstandenen Jesus Christus und sie rennen zurück und erzählen aus übervollem Herzen: Der Herr ist wirklich auferstanden, wir haben ihn erkannt, als er das Brot mit uns gebrochen hat.Einander zuhören – die Auferstehung feiern – die Botschaft weitersagen und – sie mit Leib und Seele und allen Sinnen genießen.


Eigentlich ist es doch absurd, dass DAS Zeichen für uns Christen seit über 2.000 Jahren ein antikes Folterinstrument ist. Eine Kreuzigung, das war mit die schlimmste Todesstrafe, die die Römer parat hatten. Wurde man ans Kreuz geschlagen, so trat der Tod meist erst nach mehreren Tagen ein. Eine beliebte Hinrichtungsmethode für Sklaven und Aufständische, die jeden abschrecken sollte, der einen Gekreuzigten sah.Dass das Kreuz das Symbol der Christen geworden ist, das ist auch damals schon auf Unverständnis gestoßen. Paulus schreibt, dass das Kreuz für Juden ein Ärgernis sei, für Heiden eine Torheit. Und dieses Folterinstrument tragen wir um den Hals, hängen es in unsere Kirchen, und heute am Karfreitag verehren wir es sogar. Den heutigen Text aus dem Buch Jesaja, den hat der biblische Autor lange vor Jesu Zeit geschrieben. Aber der Text beschreibt ziemlich gut, wie Jesus wohl ausgesehen haben muss, als er am Kreuz hing. Da heißt es: Viele haben sich über ihn entsetzt, / so entstellt sah er aus, nicht mehr wie ein Mensch, / seine Gestalt war nicht mehr die eines Menschen. Aber dieser gebrochene Mensch am Kreuz der ist es, von dem wir sagen: Das ist unser Erlöser.Denn in diesem scheußlichen Anblick der Kreuzigung wird deutlich: Am Karfreitag geht Gott dorthin, wo man ihn am wenigsten erwarten würde. In die tiefsten, furchtbarsten Abgründe der Menschheit. Man könnte sagen: Gott geht ins Gegenteil seiner selbst. Das Leben geht in den Tod.Dadurch wird der Tod nicht umgangen. Aber er bekommt durch den Karfreitag eine neue Dimension. Der Tod ist nicht mehr das schreckensvolle Ungewisse, sondern im Tod erwartet uns Gott.Die Karfreitagsliturgie lässt einen oft unzufrieden zurück. Denn sie betont das Grauen und die Angst, die Jesus durchlitten hat. Und das ist wichtig, denn ohne diesen Karfreitag wäre Ostern nicht denkbar. Aber wir wissen auch am Ende des Karfreitags: Ostern wird kommen. Der Tod hat nicht das letzte Wort, egal was passiert. Und diese Gewissheit wünsche ich Ihnen: Dass Gott auch in allem Leiden, in allem Schrecken da ist, der auch hier und heute passiert. Dass er dort ist, wo man ihn am wenigsten erwartet.


Mit dem Gründonnerstag beginnen die drei heiligen Tage, die eigentlich ein einziger Tag sind. Und dieser Gründonnerstag hat es wirklich in sich: ein Mahl, also ein festliches Essen Jesu mit seinen Getreuen, Jüngern und Jüngerinnen, ein Sklavendienst mit der Fußwaschung, der zunächst dazu da ist, die dreckigen Füße zu säubern, und der Verrat durch Judas, einen seiner Freunde.Die Jünger merken ziemlich schnell, dass dieses Abendessen anders ist, als die vielen vorher. Wir sagen heute, er setzt die Eucharistie ein. Aber das ahnen seine Mitfeiernden noch nicht, weil dieser Einsatz erst wirksam wird durch den Tod Jesu. Und mittendrin, im emotional aufgeladenen Geschehen, steht Jesus auf und geht rum und wäscht seinen Jüngern die Füße – nicht den Kopf, wozu er oft genug allen Grund gehabt hat. Und er gibt genau zu diesem Akt eine sehr konkrete Anweisung: "Wenn nun ich der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe Euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr genauso handelt!" Denn über diesem Abend und den ganzen Tagen danach steht ein Wort: "Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung" – bis zur Vollendung seines Erlösungswerkes, bis zur Vollendung meines Daseins, bis zur Vollendung meiner, unserer Kirche, bis zur Vollendung der Welt."Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung" – trotz der Leugnung der Vielen, die nicht an ihn glauben können, trotz des vielfachen Missbrauchs in seiner, von ihm gegründeten Kirche, trotz der Zerstörung der Zivilisation durch Ausbeutung aller Ressourcen, trotz aller Kriege und Menschheitsverbrechen, trotz aller Diktaturen jeglicher Färbung und aller Christenverfolgung."Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung" – Lassen Sie sich von ihm lieben, bis zur Vollendung der Welt.


"Lasst euch mit Gott versöhnen" ist eine der Aufgaben der Österlichen Bußzeit. Umkehren aus dem gefühlten "weg von Gott" zum erhofften "hin zu Gott". Und versöhnen oder auch vertöchtern heißt dann ja eigentlich nur, wieder zum Vater zurückkehren und wieder als Tochter und Sohn in seiner Liebe leben wollen. Seit vielen Jahren gibt es hier bei uns die "Nacht der Versöhnung" in der Karwoche. Für viele Menschen ist es der eigentliche Gottesdienst der Fastenzeit und die Möglichkeit, gemeinsam nach Schuld und Fehlern und nach Perspektiven und Zukunft mit Gott auszuschauen. "Leben ins Leben" war der Titel des Abends und ein Song von Konstantin Wecker und Hannes Wader gaben dem Abend den Rahmen. Darin heißt es so treffend:"Ich sing für alle, die mit mir noch auf der Suche sind, nach einer Welt, die es vielleicht nie geben kann, die kein Gemälde sein wolln, sondern immer Skizze sind und unvollendet enden, irgendwann. Ich sing für alle, die wie ich nicht frei von Fehlern sind, für jeden, der zu seinem Scheitern gerne steht, der sich nicht zügeln lassen will von diesem kalten Wind, der uns zurzeit so rücksichtslos entgegenweht. Nichts Großes erreicht, keine Orden, keine Yacht, dazwischen noch Tränen und Schmerzen. Vom Reichtum beschämt, von der Macht nur verlacht, doch immerhin reicher im Herzen."Wenn ich also bei allem Alltagsgewusel, bei aller Sorge und Mühe am Arbeitsplatz und in der Familie, bei allem nicht geschafft und sich doch so angestrengt haben sagen kann, immer doch reicher im Herzen geworden zu sein und gespürt zu haben, dass bei aller Unzulänglichkeit Leben ins Leben gekommen ist, dann habe ich etwas von der Fülle des Göttlichen gespürt. Und dann spüren Sie und ich vielleicht noch einmal anders die Ansage aus dem Brief an die Gemeinde in Korinth: Lasst euch mit Gott versöhnen.


In den letzten Tagen Jesu mit seinen Jüngern in Jerusalem, die Texte und Berichte dazu können wir im Neuen Testament nachlesen, wird es immer spannender und enger und kritischer und nervöser. Jesus weiß was er tun muss und will und er bezieht seiner Jünger in diesen Weg mit ein. Er erklärt und erläutert, er lässt teilnehmen und empfinden. Und er weiß trotzdem, dass da seine engen Zwölf, außer Johannes, auch nicht bei ihm bleiben werden. Im Evangelium heute geht es ganz konkret um den Verrat des Judas für später 30 Silberlinge und um die Verleugnung des Petrus, der großspurig Nachfolge ankündigt und dann noch vor dem 3. Hahnenschrei seinen Meister verleugnet, weil er Angst um sein Leben hat. Wenn alles glatt zu gehen scheint, ist Nachfolge nicht so schwer. Aber wenn plötzlich die eigenen Pläne ins Wanken geraten, wie bei Judas, der Jesus zwingen wollte, die Römer zu verjagen. Oder bei Petrus, der plötzlich merkt, dass es ihn sein Leben kosten könnte, wenn er zu seinem Meister steht, dann wird es schwierig. Oder wenn einem ein Controller oder Manager vor die Nase gesetzt wird, wenn im Handstreich der eigene Arbeitsplatz umgewidmet wird, wenn man spürt, dass da etwas aus dem Ruder läuft, was eigentlich bis dahin hervorragend lief, was dann? Wenn Prinzessin Kate ihre Erkrankung öffentlich macht und darum bittet, ihr und ihrer Familie Zeit und Ruhe zu gönnen und dann sogar die größten Hater der englischen Boulevardpresse kleinlaut werden. Wenn 80 Millionen Bundestrainer sowieso keinen Pfifferling auf die Fußballnationalmannschaft der Männer geben und nach einem sensationell tollen Spiel schon wieder alle vom EM-Titel träumen. Wenn es zwischen Hosianna und Kreuzige ihn immer schneller rotiert? Was dann?Es bleibt nur das, was Jesus getan hat: beim eigenen Auftrag bleiben, die eigene Gewissheit festigen, das tun, was dran ist und sich nicht beirren lassen. Und dafür kämpfen und beten, dass der Vater im Himmel Kraft und Geist zu allem gibt. Und vor allem: bleiben.


Am Palmsonntag in der Heiligen Messe gab es eine kleine Szene, die mich entzückt hat und mir aber auch Beispiel war, im Kleinen, Täglichen, das Große zu verstehen. Nach der Einladung des Pfarrers an die Kinder, zum Vaterunser nach vorne zum Altar zu kommen, sind viele Kinder gekommen. Ein ungefähr sechsjähriger Junge zog an der Hand seinen kleinen, vielleicht zweijährigen Bruder förmlich hinter sich her. Ich konnte deutlich sehen, dass der Kleine nicht wollte, aber der Große schon und er wohl auch den Auftrag von Mama oder Papa hatte, den Kleinen mitzunehmen. Es gibt einen Text, den Sie vielleicht kennen. Er steht unter einem Kreuz, das im Krieg so zerstört worden ist, dass der Corpus keine Hände und Füße mehr hat. Diese Zeilen fassen das noch mal gut zusammen:Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit zu tun.Er hat keine Füße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen.Christus hat keine Lippen, nur unsere Lippen, um Menschen von sich zu erzählen.Er hat keine Hilfe, nur unsere Hilfe, um Menschen an seine Seite zu bringen.Wir Christen sind die einzige Bibel, die die Öffentlichkeit noch liest.Wir sind Gottes Botschaft, in Taten und Worten geschrieben.Manchmal ist es gut jemanden zu haben, der sagt: Komm, geh mit, das tut Dir gut. Und dann wieder kann ich, können Sie diejenige sein, die jemanden einfach mitnimmt: zum Gottesdienst, zum Gebet, zu einem Spaziergang, zum Leben.


Vor ein paar Tagen waren wir mit einigen Schwestern zu einem Brautamt, also einer Heiligen Messe mit Trauung eingeladen. Wir kannten beide Brautleute gut und wussten, dass sie schon viele Jahre in Treue zusammenstanden. Nun wollten sie ihre Verbindung vor Gott und der Kirche geloben und unter den Segen Gottes stellen. Soweit, so normal. Aber dann haben sie alle, die in der Kirche waren verblüfft. Sie haben ein Lied zu zweit gesungen, das um den Segen Gottes bittet. Und da sie beide sehr gut singen konnten, die Strophen und den Refrain im Wechsel zweistimmig oder einstimmig gesungen haben, war allein das schon ein Erleben, dass unter die Haut gegangen ist. aber dann der Inhalt dieses Liedes erst recht. Ich lese es Ihnen vor und vielleicht geht es Ihnen heute früh wie uns, dass wir gepackt sind, von dem Auftrag, den die beiden vor Gott und für die Kirche angenommen und zugesagt haben:Herr, wir bitten: Komm und segne uns; lege auf uns deinen Frieden. Segnend halte Hände über uns. Rühr uns an mit deiner Kraft.In die Nacht der Welt hast du uns gestellt, deine Freude auszubreiten. In der Traurigkeit, mitten in dem Leid, lass uns deine Boten sein.In den Streit der Welt hast du uns gestellt, deinen Frieden zu verkünden, der nur dort beginnt, wo man, wie ein Kind, deinem Wort Vertrauen schenkt.In das Leid der Welt hast du uns gestellt, deine Liebe zu bezeugen. Lass uns Gutes tun und nicht eher ruhn, bis wir dich im Lichte sehn.Nach der Not der Welt, die uns heute quält, willst du deine Erde gründen, wo Gerechtigkeit und nicht mehr das Leid, deine Jünger prägen wird.Herr, wir bitten: Komm und segne uns; lege auf uns deinen Frieden. Segnend halte Hände über uns. Rühr uns an mit deiner Kraft.Die Bitte um den Segen verquickt mit dem Versprechen, sich heute in Kirche und Gesellschaft einzusetzen, sich zu engagieren und sich nicht nur um das Eigene zu kümmern! Ich war und bin sehr beeindruckt von der Kraft dieses Liedes, dass aus dem Mund zweier Menschen kommt, die auf Gott vertrauen und deshalb diesen Dienst für die Welt annehmen wollen. Ich vermute, immer dann, wenn wir in Zukunft dieses Lied singen, wird es die Erinnerung an diese Stunde wachhalten.


Wir sind mitten im Krieg, wir und unsere betroffenen Brüder und Schwestern in der Ukraine, im Jemen, in Syrien, Mali, Nigeria, Kamerun, Kongo, Burundi, Äthiopien.Viele dieser Kriege und kriegerischen Auseinandersetzungen gehen seit Jahren und oft ist einfach kein Ende abzusehen. Städte und Dörfer werden sinnlos zerstört, jegliche Infrastruktur wird über Jahre unbrauchbar gemacht, unsinnige, grausame Gewalt wird ausgeübt, Menschen bedroht, beleidigt, gefoltert, getötet. Warum das alles? Jeder weiß, dass Kriege keinen Frieden bringen und besiegte Völker niemals Ruhe geben werden, bis das Unrecht beseitigt wird.Meine Oma Katharina, die sich ja im Nachkriegsdeutschland auf der eingesperrten ostdeutschen Seite wiederfand, hat immer wieder ein sehr markantes Sprichwort gesagt: "Unrecht Gut gedeiet nicht und kommt nicht in die dritte Generation." – Da man früher pro Generation 20 Jahre gerechnet hat, ist das mit der DDR genau so gekommen: Nach zwei Generationen war das Unrechtsregime am Ende und die Menschen haben sich darum gekümmert, dass aus zwei Teilen wieder ein Land wurde. Was in der großen Politik gilt, gilt aber auch im normalen Zusammenleben der Menschen. Es gibt ungerechte Strukturen, ungerechte Gesetzeslagen, ungerechte Verteilung der Güter, Vorurteile und Negativberichte. Die großen Kriege beginnen mit den vielen kleinen Streitereien und Ungerechtigkeiten, dem Streben nach Macht und Einfluss und dem Runtermachen und Kleinhalten der anderen. Die geforderte Umkehr dieser Österlichen Bußzeit beginnt genau dort: bei uns selbst und unseren eigenen Möglichkeiten: Streit beenden, Frieden untereinander halten, die Schwachen unterstützen, die Kranken besuchen, sich um die Fremden kümmern, die Nachbarschaft pflegen, sich den eigenen Verwandten nicht entziehen, am Arbeitsplatz fair miteinander umgehen. Mit den vielen Kriegen in der Welt fühlen wir uns häufig klein und ratlos und hilflos. Mit dem Krieg in der Ukraine ist es ein bisschen anders, weil er so nahe ist und wir aber viel tun und helfen können.Krieg beginnt im Kleinen, aber auch Frieden beginnt im Kleinen, im täglichen Engagement und Einsatz füreinander in der einen Welt, mit den nahen und den fernen Geschwistern.


Für acht Wochen hatte ich mein Büro in mein Schlafzimmer verlegt, weil Treppensteigen in den ersten Wochen kaum, und später nur mühsam ging. Mein Fenster lässt mir den Ausblick auf die zwei Baustellen des linken und rechten Nachbarhauses zu und es ist so spannend, was da wird. Manchmal stehe ich auf um besser zu sehen, was da gebaut wird, aber mir fehlt noch die Fantasie für das Ergebnis.Und etwas leicht links ist die Wand, die seit Wochen ebenso meinen Blick nochmal anders fesselt. Da ist das Kreuz, dass ich seit frühen Ordensjahren habe, einfach aus Holz und mit Corpus, der den leidenden und sterbenden Jesus zeigt. Und ringsum sechs verschiedene Ikonenbilder, die meist geschenkt und eins auch selbst geschrieben ist. Diese Bilder sind bunt und zeigen verschiedene Menschen, die versucht haben, mit ihrem Leben diesem leidenden und gekreuzigten Jesus nachzufolgen: Katharina, Maria Magdalena, Antonius und so weiter. Das Kreuz ist einfarbig und unscheinbar, obwohl es das größte Liebeswerk der Menschheitsgeschichte zeigt. Und die Bilder der Nachfolger:innen sind prachtvoll und farbig und sehr verschieden. Den leidenden Christus anzuschauen ist oft unerträglich und lässt uns sprachlos zurück, falls wir uns nicht längst in diesen Anblick gewöhnt haben. In den Kirchen sind seit Sonntag die Kreuze verhüllt. Weil das Wesentliche, das Leiden und Sterben des Sohnes Gottes für uns, neu sichtbar werden soll. Verhüllen um neu zu sehen. Es klingt und ist paradox. Und erst am Karfreitag, dem Tiefpunkt der Liebe Gottes, wird das Marterwerkzeug wieder sichtbar, damit uns neu bewusst wird: "So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab." Das Leiden Jesu zeigt die Leidenschaft Gottes für seine Menschen. Und nur deshalb können seine Menschen ihm mit Leidenschaft nachfolgen und in den verschiedensten Farben und Formen des Lebens versuchen, wie ER zu werden.


Die österliche Bußzeit wird in der Regel durch zwei große Feste unterbrochen: das Fest des Heiligen Josef und das Fest der Verkündigung des Herrn. Heute feiern wir mit der Kirche das Fest des Heiligen Josef.Über die Rolle des Heiligen Josef, des Nährvaters Jesu, ist schon immer viel geschrieben und gesagt worden. Weil Menschen verstehen möchten, was das für ein Typ war: - der mit beiden Beinen in der Realität seiner Zeit steht, als Handwerker seine Passion ausübt und sein Brot verdient, und dann aber so ganz unlogische Sachen macht: - er hört auf seine Träume und glaubt, dass es Gottes Wille ist, seine Verlobte nicht zu verstoßen, sondern sie zu heiraten, obwohl sie ein Kind von einem anderen bekommt- er springt spontan auf, als ihm im Traum der Befehl zur Flucht gegeben wird und er Frau und Kind und das Nötigste zusammenpackt und nach Ägypten aufbricht- er kehrt, wieder auf Weisung eines Traumes, nach Israel zurück und lebt sein normales Handwerkerleben weiter- und er quält sich drei Tage durch Jerusalem um Jesus wiederzufinden, der ihm dann auch noch Vorwürfe macht, warum er ihn denn gesucht habe.Und wir würden gern wissen, was er selbst dazu gesagt hat. Aber in der Bibel steht dazu nicht ein Wort. Da ist also einer, der zum Mitwisser der größten Geheimnisse Gottes wird und er kommentiert es nicht, er lamentiert nicht, er berät sich nicht mit anderen und hält keine Vorträge. Er tut. Seine Berufung ist es, am Werk Gottes für die Menschen mit zu arbeiten. Nicht mehr. Und schon gar nicht weniger. Viele Ordensgemeinschaften stehen unter seinem Patronat. Auch ich als Olper Franziskanerin heiße mit vollem Namen: Schwester Maria Katharina vom heiligen Josef. Weil unsere Gründerin in vielen Nöten und Sorgen fest auf seine Hilfe vertraut hat und darin ihr grenzenloses Gottvertrauen deutlich zutage gekommen ist.Das ist also Programm genug: nicht reden, sondern tun.


Wir sind in der fünften Woche der österlichen Bußzeit und es geht jetzt gefühlt sehr schnell auf Ostern zu. Zur gleichen Zeit erleben unsere muslimischen Mitmenschen Ramadan – eine Zeit des Fastens und des abendlichen Fastenbrechens mit Begegnung und Austausch.Neben den praktischen Aspekten der Fastenpflicht gibt es mehrere ethisch-moralische Komponenten, die der Muslim im Ramadan zu beachten hat. Unbedingt zu vermeiden sind üble Nachrede, Verleumdung, Lügen und Beleidigungen aller Art. Wenn ich manche Kommentare in den sozialen Medien lese, würde es uns allen gutstehen, diese einfachen Regeln zu beachten.In einer Fernsehreportage habe ich Umfragen unter Christen zur Praxis der Fastenzeit und unter Muslimen zur Praxis des Ramadans gesehen. Und ich muss leider zugeben, dass bei aller Zufälligkeit der Auswahl von Menschen auf der Straße, die Aussagen der muslimischen Mitbürger, egal welchen Alters, sehr viel klarer waren, als die der Christen. Für nahezu alle Muslime war das Einhalten des Fastens völlig selbstverständlich und bei den Christen war es eher der Ausnahmefall, wenn sie etwas zur Fastenzeit und ihrer Art, sie zu praktizieren sagen konnten. Gebet, Bibellesen, Mitfeiern von Gottesdiensten, Enthaltung von Dingen, die uns unfrei machen und wirkliche Umkehr zu Gott, das alles scheint so schwierig und sosehr in die Entscheidung des Einzelnen gesetzt zu sein, dass das Gemeinsame Tun, dass Beispielnehmen am Mitchristen, irgendwie verloren gegangen ist. Und es spielt auch eine Rolle, dass viele Christen sprachlos geworden sind in Dingen ihres Glaubens und Christseins. Und dann kommt das wunderbare Aber: wir haben noch zwei volle Wochen, um nochmal zu schauen, was für uns die österliche Bußzeit bedeutet und wie ich sie nutzen kann, um mich zu Gott und zum Mitmenschen zu bekehren. Im Gotteslob gibt es einen sehr markanten Satz dazu. Die Kirche bereitet sich vierzig Tage auf die Osterfeier vor. Durch Fasten, Beten, Almosen geben und Hören auf das Wort Gottes, setzt sie Zeichen der Umkehr. Setzen wir sie in den nächsten zwei Wochen auch selbst, weil wir die Kirche sind.


Gestern hatte ich am frühen morgen einen Termin in unserer Hausarztpraxis. Ich habe mich angemeldet und wurde in einen Flur um die Ecke gebeten, noch bitte Platz zu nehmen, da die Ärztin noch nicht da sei. Dann kam ein älterer Herr dazu in Jogginganzug, Dreitagebart, Hörgerät und großer, sehr alter Brille und langen schwarzen Fingernägeln. Nicht jemand, mit dem man schnell in Kontakt kommen möchte. Ihm ging es wohl mit mir genauso und er hat mich von Kopf bis Fuß gemustert und wir haben gefühlt eine Minute geschwiegen und haben dann das Gespräch begonnen. Und sehr schnell ging es über das Warten auf die verspätete Ärztin, das schmuddelige Wetter, dass dann aber ja bald Ostern ist und das man die Hoffnung nicht aufgeben sollte, dass alles zum Guten sich wenden wird. Und verblüfft haben wir beide festgestellt, dass wir ähnlich denken und eine gemeinsame Hoffnung haben auf einen Gott, der unsere Armut, Krankheit und Schwachheit sieht und trotzdem bei uns und mit uns bleibt. Und dann werde ich ins Sprechzimmer gebeten und der alte Herr bedankt sich für das Gespräch und ich kann nicht anders als "Danke gleichfalls" sagen. Die Ärztin hat sich entschuldigt, für ihre Verspätung, weil sie noch ihre Kinder in den Kindergarten gebracht hat. Auf dem Heimweg habe ich mich ein bisschen geschämt, weil mich das ungepflegte Äußere des alten Herrn zunächst abgestoßen hat, aber das anschließende Gespräch so intensiv und gut war, dass ich Zeit überhaupt nicht mehr registriert habe.Es passiert ja nicht so selten, dass wir vom Äußeren eines Menschen auf sein Inneres schließen und unsere Vorurteile die Oberhand gewinnen. In den Liedern vom Gottesknecht im Buch Jesaja klingt schon an, was später auf Jesus gedeutet und erfüllt werden wird: Mein Knecht, der gerechte, macht die Vielen gerecht; er lädt ihre Schuld auf sich. Deshalb gebe ich ihm seinen Anteil unter den Großen und mit den Mächtigen teilt er die Beute, weil er sein Leben dem Tod preisgab und sich unter die Verbrecher rechnen ließ. Denn er trug die Sünden von vielen und trat für die Schuldigen ein.


Gegenüber von unserem Küchenfenster stehen im Gärtchen zwei uralte Birnbäume. Sie stehen da krumm und schief und immer wieder haben wir Angst, dass sie eines Tages vor Altersschwäche umkippen werden. Aber jetzt, im Frühjahr, haben sie schon unendlich viele Blütenknospen und man sieht schon, dass sie in ein oder zwei Wochen in voller Pracht blühen werden. Das hat schon manches blütentrunkene wunderschöne Foto ergeben. Und wie es aussieht, wird es genau an Ostern so aussehen. Und spätestens bei diesem Gedanken fällt mir einer der Hymnen aus dem Stundengebet der Kirche ein. Da heißt es in den Laudes:"Du Sonne der Gerechtigkeit, Christus, vertreib in uns die Nacht, dass mit dem Licht des neuen Tags auch unser Herz sich neu erhellt.Du schenkst uns diese Gnadenzeit, gib auch ein reuevolles Herz und führe auf den Weg zurück, die deine Langmut irren sah."Und dann meine Lieblingsstrophe:"Es kommt der Tag, dein Tag erscheint, da alles neu in Blüte steht; der Tag, der unsre Freude ist, der Tag, der uns mit dir versöhnt.Dir, höchster Gott, Dreifaltigkeit, lobsinge alles, was da lebt. Lass uns durch deine Gnade neu, dich preisen durch ein neues Lied." Christus schenkt uns diese Gnadenzeit vor Ostern und kann unsere Nächte hell machen. Unsere Arbeit daran ist es, diese Zeit zu nutzen und auf den Weg zu und mit Gott zurückzukehren. Und dann kommt diese schöne Strophe mit dem Blühen und da heißt es am Ende: "Der Tag, der unsre Freude ist, der Tag der uns mit Dir versöhnt."Das Blühen und Grünen in den Ostertagen wird ein Symbol dafür sein, dass Christus uns durch sein Leiden, Sterben und Auferstehen mit Gott versöhnt hat.


In der Fastenzeit gibt es viele Angebote in den Pfarreien und Pastoralverbünden, um Themen und Fragen des Glaubens zu hören, zu besprechen, zu bedenken, ins Gebet zu nehmen. In einer Gemeinde geht es darum, Gott Raum zu geben und es werden die einzelnen Bereiche in der wundervoll restaurierten Kirche angeschaut und bedacht. Da geht es um das Taufbecken und die Bedeutung der Taufe, um die Bilder und Statuen von Heiligen und die eigene Heiligkeit, dem Raum der Kirche als heiligem Boden und der Frage nach dem, was mir heilig ist. Und gestern Abend ging es um die Frage, wie denn der Glaube zu uns und dann sehr direkt, wie er zu mir kam und dem Ambo, als dem Ort der Verkündigung des Wortes Gottes. Zum Beginn des Abends war das Lied vom "Suchen und Fragen" aus dem Gotteslob der Startimpuls. Ich lese Ihnen die Strophen gern vor. 1. Suchen und fragen, hoffen und sehn, miteinander glauben und sich verstehn, lachen, sich öffnen, tanzen befrein: So spricht Gott sein Ja, so stirbt unser Nein.2. Klagende hören, Trauernde sehn, aneinander glauben und sich verstehn, auf unsere Armut lässt Gott sich ein: So spricht Gott sein Ja, so stirbt unser Nein.3. Planen und bauen, Neuland begehn, füreinander glauben und sich verstehn, leben für viele, Brot sein und Wein: So spricht Gott sein Ja, so stirbt unser Nein.Unter all dem, was da angesprochen wird an Glaube, Hoffnung, Liebe, Barmherzigkeit und Zukunft, kommt immer die Zusage: So spricht Gott sein Ja, so stirbt unser Nein. Nach einem spannenden Abend mit den Fragen nach dem, wie ich selbst das Glauben und Leben als Christ gelernt habe und der Aufforderung, doch mal ganz konkret zu verkünden, was jede und jeder in der Glaubensweitergabe für wichtig hält, kam dieses Lied am Ende des Abends noch einmal. Und es klingt diesmal, nach allem miteinander besprechen und bedenken, ganz neu und die Zusage: so spricht Gott sein Ja, so stirbt unser Nein, wirkt auf die Teilnehmenden sehr erleichternd und nimmt den Druck von der Seele. Das miteinander, aneinander und füreinander glauben wird sehr real. Und wenn ich gerade nicht so glauben kann, kann ein anderer für mich und mit mir den Glauben teilen und mit Vertrauen an diesen Gott denken, der sich auf unsere Armut einlässt und trotzdem sein Ja spricht.


Nein, es ist nicht an der Zeit, dass die Verantwortlichen in der Ukraine die weiße Fahne hissen. Das wird weltweit als Symbol der Kapitulation erkannt. Und wenn die Ukraine kapitulieren würde, dann stirbt dieses Volk, seine Sprache, seine Kultur, sein Glaube. Alles. Nein Papst Franziskus, nein wirklich nicht. Da bist Du im Unrecht. Auch wenn es Dir das eigentliche Anliegen ist, dass das Töten und Zerstören aufhört. Jeder weiß, dass Verhandlungen und ein Waffenstillstand nur bedeuten würde, dass der Aggressor Russland die besetzten Gebiete drangsalieren und zerstören, seine eigenen Waffenarsenale auffüllen und die Armee verstärken wird, um die nächste Welle irgendwann später zu starten.Entschuldigen Sie bitte, dass ich am frühen Morgen mit meinem Ärger in Ihre Ohren komme. Aber so geht es schon einmal. Nicht alles, was von Kirchenoberen kommt, ist immer richtig und treffend und zielführend. Und selbst wenn man die gute Absicht unterstellt, ist es nicht immer gut. Aber wenn unsereiner schon einmal Unfug erzählt, im Eifer des Gefechts unpassende Worte verwendet, ist es auch nicht richtig und auch schädlich und auch falsch und kann viel Schaden anrichten. Wenn man Glück hat, kann es eine Debatte auslösen, ein Gespräch ergeben, in einem Chat geklärt werden. Aber wenn alles in wütenden Reaktionen steckenbleibt, wenn man sich voneinander entfernt, nicht mehr redet, dann ist etwas anderes dran – um Verzeihung und Vergebung bitten. Umkehren von den eigenen Erkenntnissen, wenn sie sich als falsch erweisen, neu beginnen, neu denken, neu sprechen, neu beten, neu bitten. Es hört nie auf.Von Konrad Adenauer gibt es ein berühmtes Zitat. Er sagte: "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?" – Okay, denke ich, das klingt ganz schön hochmütig. Aber eigentlich wird bei diesem Zitat meist der zweite Halbsatz vergessen. Er sagte nämlich: "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? Nichts hindert mich, heute weiser zu werden." Also bitte weiser werden, Papst Franziskus, ich und Sie. Bitte.


Nein es ist echt kein Scherz: diese Lesung, die Sie gleich hören werden aus dem Buch Exodus im Alten Testament, in der es heißt: "Gott sagt: ihr habt gesehen, wie ich euch auf Adlerflügeln getragen und hierher zu mir gebracht habe" Und wenn wir bedenken, dass die Worte Gottes nicht nur damals, vor vielen tausend Jahren, sondern auch heute an die gerichtet sind, die auf ihn hören, dann werde ich hellhörig.Viele Menschen haben ein ziemlich anstrengendes und mühsames Leben und plagen sich jeden Tag sehr, um sich und ihre Familien über die Runden zu bringen. Auf Adlerflügeln getragen fühlen sie sich garantiert nicht.Viele Menschen kümmern sich um die Vielen, die in Not sind: um Flüchtlinge und Asylbewerber, um Strafgefangene und Nichtsesshafte, um alle, die durch unser soziales Netz gefallen sind. Und sie wissen oft nicht, wie sie mit der vielen Not klarkommen sollen.Auf Adlerflügeln getragen fühlen sie sich garantiert nicht.Viele Menschen pflegen ihre kleinen Kinder, ihre chronisch Kranken, Körperlich und geistig behinderten und alten Familienmitglieder zuhause mit viel Liebe und Einsatz, der sie aber oft bis an die Grenzen ihrer körperlichen und seelischen Kraft bringt.Auf Adlerflügeln getragen fühlen sie sich garantiert nicht.Viele Menschen engagieren sich in ihrer Kirche und müssen immer wieder damit klarkommen, dass alle Sünden und Fehler Einzelner immer allen angelastet werden. Und auch damit, dass sie als Frauen, als Laien, als Nichtgeweihte wenig Chancen haben, etwas in dieser ihrer Kirche zu verändern. Auf Adlerflügeln getragen fühlen sie sich garantiert nicht.Und doch, und trotzdem, und gerade deshalb gibt es diese Zusage Gottes an Sein Volk: "Ich habe Euch auf Adlerflügeln hierher zu mir getragen. Ihr werdet unter allen Völkern mein besonderes Eigentum sein." Es kann ein Trost, eine Hilfe, eine Motivation sein, wenn ich weiß: in all meiner Mühe und Sorge, in all dem, was mir mein Leben nicht gerade einfach macht, bin ich bei ihm, in Gottes Nähe, lebe ich vor seinen Augen und gehöre zu seinem einzigartigen Volk, das er selbst sich erwählt hat.


Ich liebe es, beim Wintersport im Fernsehen zuzuschauen. Meine liebste Disziplin ist Biathlon. Dieser Wechsel aus Langlauf und Schießen, wobei die Treffer oder Nieten sich aufs Laufgeschehen auswirken: Es ist immer so spannend. Bei den letzten Rennen bei der Weltmeisterschaft und danach gab es einige interessante Reaktionen zu beobachten. Ein Biathlet hatte fünf Nieten geschossen und hatte keine Lust mehr weiter zu laufen. Er wurde aber von seinem Team gedrängt, das Rennen zu Ende zu laufen. Ein anderer hat nach vielen Fehlschüssen aufgegeben und hat die Strecke wirklich verlassen. Und wieder eine andere hatte ebenso viele Fehlschüsse, ist im Rennen aber so über sich hinausgewachsen, dass sie noch in den Top 15 gelandet ist, was niemand für möglich gehalten hat. Ich finde das ein ziemlich gutes Beispiel für unser Umgehen mit der Fastenzeit. Wir sind jetzt fast auf der Hälfte der Zeit und am Sonntag ist der Sonntag Laetare – Freue Dich. Wie war Ihr Rennen bisher? Haben alle Vorsätze bisher ins Schwarze getroffen oder haben Sie Extrarunden gedreht? Haben Sie an den Tagen, wo sie gegen Ihre eigenen Vorsätze schmählich verloren haben, alles hingeworfen und die Strecke verlassen? Oder sind Sie immer wieder aufgestanden und haben immer wieder neu angefangen? "Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten" – ein Wort von Katharina von Siena ist nicht die schlechteste Beschreibung unseres Weges durch die Österliche Bußzeit.Aber es muss mir auch immer wieder klar sein, wofür ich diese Zeit vor Ostern nutze. Es geht um eine Umkehr: weg vom Kreisen um sich selbst und wieder Hinkehren zu Gott, zu seinem Evangelium, zum Leben als Christen für die Mitmenschen und gegen Vernichtung der Schöpfung. Und selbst wenn ich in der Zeit viele Nieten geschossen haben sollte, ist uns an Ostern der Jubel aller im Ziel garantiert.


Ein weiteres, von den Menschen gewünschte Werk der Barmherzigkeit für Thüringen erwirkt die wunderbare Zusage. Ich gehe ein Stück mit Dir. Vielen ist mit einem guten Rat allein nicht geholfen. Es bedarf in der komplizierten Welt von heute oft einer Anfangshilfe, gleichsam eines Mitgehens der ersten Schritte, bis der andere Mut und Kraft hat allein weiterzugehen. Das Signal dieses Werkes der Barmherzigkeit lautet: "Du schaffst das! Komm, ich helfe dir beim Anfangen!" Aber es geht hier nicht nur um soziale Hilfestellung. Es geht auch um Menschen, bei denen vielleicht der Wunsch da ist, Gott zu suchen. Sie brauchen Menschen, die ihnen Rede und Antwort stehen und die ein Stück des möglichen Glaubensweges mit ihnen mitgehen.Ich teile mit Dir, ist ebenso Not wendend. Es wird auch in Zukunft keine vollkommene Gerechtigkeit auf Erden geben. Es braucht Hilfe für jene, die sich selbst nicht helfen können. Das Teilen von Geld und Gaben, von Möglichkeiten und Chancen wird in einer Welt noch so perfekter Fürsorge notwendig bleiben. Ebenso gewinnt die alte Spruchweisheit gerade angesichts wachsender gesellschaftlicher Anonymität neues Gewicht: "Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude!"Ich besuche Dich Meine Erfahrung ist: Den anderen in seinem Zuhause aufsuchen ist besser, als darauf warten, dass er zu mir kommt. Der Besuch schafft Gemeinschaft. Er holt den anderen dort ab, wo er sich sicher und stark fühlt. Aber auch der Besuch im Krankenhaus und im Altenheim ist ein unschätzbarer Dienst, der lebendig macht.Ich bete für Dich. 42 Prozent der Deutschen glauben laut einer Umfrage an die Kraft des Gebets. Wer für andere betet, schaut auf sie mit anderen Augen. Er begegnet ihnen anders. Auch Nichtchristen sind dankbar, wenn für sie gebetet wird. Ein Ort in der Stadt, im Dorf, wo regelmäßig und stellvertretend alle Bewohner in das fürbittende Gebet eingeschlossen werden, die Lebenden und die Toten – das ist ein Segen. Sag es als Mutter, als Vater deinem Kind: Ich bete für dich! Tun wir es füreinander, gerade dort, wo es Spannungen gibt, wo Beziehungen brüchig werden, wo Worte nichts mehr ausrichten. Gottes Barmherzigkeit ist größer als unsere Ratlosigkeit und Trauer.


Das eine sind die leiblichen Werke der Barmherzigkeit, die wir am Montag bedacht haben und das nächste die geistigen Werke, die gestern unser Thema waren. Im Jahr 2006/7, als der 800. Geburtstag der heiligen Elisabeth von Thüringen gefeiert wurde, hat das Bistum Erfurt eine öffentliche Umfrage gestartet mit der Frage, was die Menschen dort denn heute besonders brauchen und suchen würden. Was für sie selbst heute besonders notwendig ist. Und diese Umfrage, an der sich viele tausend Menschen beteiligt haben, ergab am Ende die "sieben Werke der Barmherzigkeit für Thüringen heute". Sie lauten: Du gehörst dazu – Ich höre Dir zu – Ich rede gut über Dich – Ich gehe ein Stück mit Dir – Ich teile mit Dir – Ich besuche Dich – Ich bete für Dich.Das erste und somit am meisten genannte Werk ist die Zusage: Du gehörst dazu!Was unsere Gesellschaft oft kalt und unbarmherzig macht, ist die Tatsache, dass in ihr Menschen an den Rand gedrückt werden: die Arbeitslosen, die Ungeborenen, die psychisch Kranken, die Ausländer usw. Das Signal, auf welche Weise auch immer ausgesendet: "Du bist kein Außenseiter!" – "Du gehörst zu uns!" – z. B. auch zu unserer Pfarrgemeinde – das ist ein sehr aktuelles Werk der Barmherzigkeit.Eine oft gehörte und geäußerte Bitte lautet: "Hast Du mal ein bisschen Zeit für mich?"; "Ich bin so allein!"; "Niemand hört mir zu!" – Die Hektik des modernen Lebens, die Ökonomisierung von Pflege und Sozialleistungen zwingt zu möglichst schnellem und effektivem Handeln. Es fehlt oft – gegen den Willen der Hilfeleistenden – die Zeit, einem anderen einfach einmal zuzuhören. Zeit haben, zuhören können – ein Werk der Barmherzigkeit, paradoxerweise gerade im Zeitalter technisch perfekter, hochmoderner Kommunikation so dringlich wie nie zuvor! Also mein Auftrag heute: Ich höre dir zu.Und ein Drittes: Jeder von uns hat das schon selbst erfahren: In einem Gespräch, einer Sitzung, einer Besprechung – da gibt es Leute, die zunächst einmal das Gute und Positive am anderen, an einem Sachverhalt, an einer Herausforderung sehen. Natürlich: Man muss auch manchmal den Finger auf Wunden legen, Kritik üben und Widerstand anmelden. Was heute oft fehlt, ist die Hochschätzung des Anderen, ein grundsätzliches Wohlwollen für ihn und seine Anliegen und die Achtung seiner Person. Respektvolles Umgehen miteinander beginnt heute also für mich mit der Zusage an einen Mitmenschen: Ich rede gut über Dich.


Neben den leiblichen Werken der Barmherzigkeit, die wir gestern angeschaut haben, gibt es auch die geistigen Werke der Barmherzigkeit, die vielen von uns nicht so geläufig sind.Das sind: Unwissende lehren, Zweifelnde beraten, Trauernde trösten, Sünder zurechtweise, Beleidigern gern verzeihen, Lästige geduldig ertragen, für Lebende und Verstorbene beten.Bei jedem Einzelnen dieser Werke spüre ich relativ schnell, wie ich an meine Grenzen gerate. Unwissende lehren scheint mir Aufgabe der Lehr- und Erziehungsberufe zu sein, aber das allein ist es ja nicht. Auch in vielen Glaubensfragen herrscht eine große Unwissenheit und wir wagen kaum, unseren Auftrag der Verkündigung wahr zu nehmen. Beleidigern gern verzeihen klingt wirklich schwierig, weil man schon spürt, wenn ich beleidigt werde, wie schwer mich das trifft und wie mühsam es ist, die Kurve zu bekommen um auch ihn mit den liebenden Augen Gottes anzuschauen. Lästige geduldig ertragen scheint mir eine sehr heroische Aufgabe zu sein. Jeder von ihnen kennt lästige Menschen in Familie und Umfeld, die ertragen werden müssen und es eine wirkliche Aufgabe ist, es zu tun ohne denjenigen spüren zu lassen, dass er mir lästig ist. Trauernde trösten fällt vielen Menschen immer schwerer, weil sie kaum noch geübt sind im Aushalten und Mitgehen mit den Schritten Trauernder. Alle Werke der Barmherzigkeit haben gesellschaftliche, politische und öffentliche Dimensionen, jedoch wird in den geistigen Werken das darüber hinaus gehende seelische und geistige Heil angesprochen, das oftmals nötiger als eine materielle Unterstützung ist. Eine rein materielle Barmherzigkeit allein wird der mitmenschlichen Erwartung nicht gerecht, ebenso wenig wie eine Gerechtigkeit, die ohne Barmherzigkeit auszukommen meint. Die geistigen Werke verweisen auch auf die Herausforderungen, denen sich ein "barmherziges" Leben ausgesetzt sieht. Die Menschlichkeit, die in den Werken der Barmherzigkeit beschrieben wird, geht über unsere menschlichen Kräfte hinaus. Ohne die Barmherzigkeit Gottes gerät unsere menschliche Barmherzigkeit schnell an Grenzen.


Die österliche Bußzeit ist immer wieder die besondere Zeit, um auf Grundlagen unseres Handelns als Christen zu schauen. Barmherzigkeit als das etwas aus der Mode gekommene Wort, für dieses Handeln wird am deutlichsten im Matthäusevangelium beschrieben:Da heißt es: "Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mir Kleider gegeben. Ich war krank, und ihr habt mich besucht. Ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen."Aus diesem Text haben sich von Anfang des Christentums her, die sieben leiblichen Werke entlehnt: Hungrige speisen, Durstigen zu trinken geben, Fremde beherbergen, Nackte kleiden, Kranke pflegen, Gefangene besuchen, Tote bestatten. Das ist das ganze Hilfs-Spektrum unseres Lebens, wenn wir in Not sind: wer hungert braucht keine frommen Worte und guten Trost, sondern Nahrung, wer durstig ist braucht keine Lebensberatung, sondern genug zu trinken, wer in der Fremde strandet braucht keine Unterrichtsstunden über die Vorzüge des Landes, sondern Unterkunft und Aufnahme, wer nackt ist, braucht keine moralischen Vorträge, sondern passende Kleidung, wer krank ist, braucht erstmal keine Lehrfilme über Gesundheitsberatung, sondern Pflege, Hilfe und Medikamente, wer im Gefängnis sitzt braucht keine erhobenen Zeigefinger, sondern Besuch und Kontakt und Beziehung,und für die Toten braucht es eine würdevolle Begleitung auf dem berühmten letzten Weg, weil er und sie niemals ihre Würde verlieren.Bei den sieben leiblichen Werken der Barmherzigkeit wird ganz leicht ganz deutlich: nicht reden, sondern tun ist dran und erste Hilfe zum Leben und Überleben!


Vorige Woche hatte ich Besuch. Ronny war hier. Er ist ein Mann mittleren Alters, der in einer Stadt im Hessischen lebt, in einer betreuten Sozialwohnung wohnt, einen Behindertenausweis hat und damit, je nach Lust und Laune quer durchs Land fährt. Irgendwann hatte er etwas über Olpe gelesen und machte sich auf den Weg dieses Städtchen kennen zu lernen. Und so landet er auch irgendwann bei uns und fragt nach Kaffee und Brot, aber eigentlich nach einem gemütlichen halben Stündchen Plauderei. Es ist für mich manchmal eine Herausforderung im wahren Sinn des Wortes: herausgerufen werden, meine Arbeit liegen lassen, Kaffee kochen, Brote machen und plaudern mit jemandem, dessen geistiger Horizont sehr eingeschränkt ist, der aber etwas sehr Liebevolles und Freundliches ausstrahlt. Und dann legt er mir eine Tafel Schokolade hin und sagt: Ich habe Ihnen etwas mitgebracht. Sie ist zwar billig, aber sie ist von Herzen. Und ich sitze da mit offenem Mund und staune ihn an und freue mich von Herzen.Und dann hat er mir eine Geschichte erzählt, die mich beeindruckt hat: ein anderer Mann lebte in seiner Nähe auch in einer betreuten Sozialwohnung. Als er aber krank wird und das Alleinsein nicht mehr aushält, zieht er einfach zu Ronny. Als das Amt es gemerkt hat, so sagt Ronny, haben sie ihm kein Geld mehr gegeben und die Wohnung jemand anderem vermietet. Und bleibt bei ihm, bis er stirbt. "Wovon habt ihr gelebt?", habe ich ihn erstaunt gefragt. "Von meiner Rente, ich habe alles mit ihm geteilt", erzählt er lächelnd.Und ich habe ein bisschen Gänsehaut und bin sehr dankbar für Ronnies Lektion.


Wir Menschen wünschen es exakt. Schon die alten Römer haben sich gemüht, den exakten Kalender zu erstellen. Irgendwann hat man gemerkt, dass es nicht ganz hinkommt mit dem Sonnenjahr. Da hätten wir jedes Jahr sechs Stunden Zeitabweichung und nach und nach würde sich alles verschieben. Die Jahreszeiten, die Monatsdaten, die Zählweise. Und so wurde, nach mehreren Kalenderreformen das Schaltjahr eingeführt. Alle vier Jahre hat der Februar einen Tag mehr.Heute ist dieser Tag. Und was machen Sie damit? Schade, nichts anderes als alle anderen Werktage. Ein Donnerstag wie jeder andere. Ein Schalttag ist also dafür da, dass der Kalender stimmt, dass die Abläufe und Jahreszeiten in ihren Bahnen laufen. Diesen Tag können wir doch tatsächlich einmal nutzen, wie es Bernhard von Clairvaux an seinen früheren Mönch Papst Eugen III. schreibt. In einem klugen Brief versucht er ihm darzulegen, dass alle diese unglaublich vielen Dinge, die er zu tun hat, nicht klug sind, wenn ihm nicht die Besinnung und das im Einklang leben mit sich selbst vorausgeht.Er schreibt dann: "Es ist viel klüger, du entziehst dich von Zeit zu Zeit deinen Beschäftigungen, als dass sie dich ziehen und dich nach und nach an einen Punkt führen, an dem du nicht landen willst. Wenn du dein ganzes Leben und Erleben völlig ins Tätigsein verlegst und keinen Raum mehr für Besinnung vorsiehst, soll ich dich da loben? Damit deine Menschlichkeit allumfassend und vollkommen sein kann, musst du also nicht nur für alle anderen, sondern auch für dich selbst ein aufmerksames Herz haben. Denn was würde es dir nützen, wenn du – nach dem Wort des Herrn (Mt16,26) – alle gewinnen, aber als einzigen dich selbst verlieren würdest?" und dann noch ein sehr entscheidender Tipp von ihm: "Wer mit sich selbst schlecht umgeht, wem kann der gut sein? Denk also daran: Gönne dich dir selbst. Ich sag nicht: Tu das immer, ich sage nicht: Tu das oft, aber ich sage: Tu es immer wieder einmal. Sei wie für alle anderen auch für dich selbst da."Und ich denke, da kann dieser 29. Februar, dieser Schalttag, ein Tag sein, den Schalter einmal zwischendurch umzulegen und Dich Dir selbst zu gönnen. Trauen Sie sich.


Wir haben in unserem kleinen Garten auf der Stadtmauer ein paar uralte Birnbäume, die schief und schräg stehen. Und da ist es ganz einfach, verschiedene Vogelfutterstationen aufzuhängen und nachzufüllen. Wir machen das seit einigen Jahren, weil immer wieder dazu aufgerufen worden war, die Vögel, die in unseren Breiten immer mehr gefährdet sind, zu füttern und im Sommer auch Wasserschalen hin zu stellen. Und diese Futterstation ist echt ein Segen. Zum einen für die vielfältigen Vögel, die hier verlässlich Futter bekommen. Und für uns, die wir manchmal am Küchenfenster stehen bleiben und dem Treiben vergnügt zuschauen. Da kommen Meisen verschiedener Sorten, Kleiber und Rotkehlchen. Und dann haben wir in der Nachbarschaft eine Dohlenkolonie. Die haben leider wenig Vergnügen, weil die Landeplätze und Futterzugänge extra so sind, dass nur kleine Vögel drankommen, landen können und in Ruhe futtern. Aber, auch kleine Vögel sind wählerisch. Wenn zu viele Haferflocken im Futter sind, schmeißen sie die raus und suchen nach den kleinen Körnern und den Sonnenblumenkernen.Die Dohlen sitzen in der Nähe auf der Mauer, mustern das muntere Treiben von manchmal mehr als 10 Vögelchen gleichzeitig und haben Zeit. Wenn die Kleinen satt sind, dann kommen sie. Sie haben genau gesehen, dass die kleinen die Haferflocken rausgeworfen haben und brauchen jetzt also nur noch über den Rasen spazieren und unterhalb der Futterstation aufpicken, was sie sehr gründlich tun. Manchmal kommen auch die Tauben vom Kirchdach nebenan. Aber die haben keine Chance und werden laut krächzend vertrieben.Dieser Tage ist mir der Reis, fürs Mittagessen angebrannt, weil ich so gebannt den Vögelchen zugeschaut habe. Wenn Sie ein paar Minuten Entspannung heute brauchen, halten Sie Ausschau nach Vögeln und schauen und hören Sie ihnen zu. Es ist einfach wunderbar!


Die Kirche sieht völlig anders aus. Sie ist in warmes Licht getaucht. Große orangene Stoffbahnen hängen aus der Decke herab und deuten die Altarinsel nochmal anders. Viele Lichterbecher sind dort auf Steinen verteilt und die Kirchenbeleuchtung ist auf ein Minimum reduziert. Beim Einzug tragen Jugendliche das typische Tafelkreuz von Taize nach vorn und stellen es markant auf. Es gibt eine kurze Begrüßung und dann viel Gesang. Minutenlang die gleiche Melodie mit einprägsamem Text, von einem Projektchor sehr gekonnt und einladend gesungen. Und immer mehr Menschen in der vollen Kirche singen mit. Nach und nach werden alle Lichter aller Mitfeiernden entzündet, weil Christus dein Licht unsere Schatten verklärt. Ein Evangelium in 6 Sprachen gelesen und Fürbitten für die unendlich scheinende Liste der Länder in denen kriegerische Auseinandersetzungen sind und für jedes wird ein Licht auf den Altar gestellt. Stille, Vaterunser, Segen und Ankündigung von Zeit. Und die Einladung, die je eigene Kerze nach vorn zu bringen, mit Anliegen und Sorgen vor Gott zu tragen und weiterhin die wunderschönen Gesänge, die gesammelte Atmosphäre und das Gespür für die Gegenwart des Göttlichen. Das ist es glaube ich, was die Menschen an dieser Form des Gottesdienstes so lieben: alle Sinne werden angesprochen, die ruhigen Gesänge, die jeder sehr schnell mitsingen oder summen kann, keine festgelegten Rituale und ein Gefühl des Geborgenseins in Licht, Raum und Klang. Leib und Seele, Herz und Verstand kommen zur Ruhe und können sich einschwingen, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, dass tief in uns schlummert und so selten zutage kommen kann. Das Geheimnis der Gegenwart Gottes in jedem Menschen und im Sakrament des Altares, in Licht und Klang und im Kreuz, durch das uns Tod in Auferstehung errungen worden ist. Ich hätte noch stundenlang bleiben und lauschen und staunen und beten können. Vergewissern wir uns doch öfter dieser wunderbaren Gegenwart Gottes in uns.


Am 16. Januar ist Heike gestorben. Mit nur 53 Jahren. Heike war keine ganz enge Freundin, aber wir kannten uns schon sehr lange, hatten Zeiten mit intensiverem Kontakt und seit dem Beginn ihrer Erkrankung – vor ungefähr fünf Jahren – haben wir uns auch nie ganz aus den Augen verloren: Hin und wieder mal eine WhatsApp, ab und zu ein Telefonat. Ich wollte ihr zeigen, dass ich sie bei ihrem Kampf gegen den Krebs – mit all den Höhen und Tiefen – nie ganz vergesse und sie so gut es ging auf die Distanz begleite.Am Ende von WhatsApp-Nachrichten oder Telefonaten habe ich fast immer gesagt: Ich bete für dich! Denn ich wusste, Heike ist eine gläubige Frau, die diesen langen Kampf gegen den Krebs ohnehin nur mit ihrem Gottvertrauen und ihrem Glauben schaffen konnte. Als sie kurz nach Weihnachten entschieden hatte in ein Hospiz zu gehen, weil sie wusste, dass die letzte Etappe zu gehen ist, hatte ich sie auch wieder gefragt: Was kann ich für dich tun? Wenn es irgendetwas gibt, was ich für dich tun kann, dann sag Bescheid. Und Heike antwortete diesmal: Bete weiter für mich! Ich kann es im Moment nicht!Mich hat diese Antwort sehr berührt und demütig gemacht, weil niemand von uns weiß, wie wir selber einmal in unseren letzten Lebensstunden mit dem liebevollen Angebot Gottes umgehen werden. Egal, wie wir in guten Lebzeiten zu ihm standen. Ob uns der Zweifel packt oder die Angst ins Nichts zu fallen. Und ob Gott uns dann so weit weg erscheint, dass wir nicht mehr mit ihm sprechen können.Aber Heike und auch ich glauben beide an die Kraft und auch die Wirkung des Gebets. Dass sie mich gebeten hat für sie zu beten – sozusagen stellvertretend – das war eine Bitte aus dem tiefen Glauben heraus, dass Gott uns letztlich hört und dass seine Liebe jedes Dunkel hell machen kann. Die Macht und Kraft des Gebetes zu Gott war auch in Heikes letzten Lebensstunden eine unumstößliche Wahrheit für sie. Hören wir nicht auf füreinander zu beten. Beten wir gerade für die, denen in den dunklen Stunden des Lebens die Stimme versagt.


Es ging um die Taufe, die Erinnerung an unsere Anfänge als Christen, an diesem Abend in einer kleinen Gemeinde im Sauerland. Die traumhaft schöne Kirche war nach der Renovierung neugeweiht worden und Fotos davon hatten mich neugierig gemacht. Ganz hinten ist die sogenannte Alte Kirche mit dem Taufbecken. Von einer Glaswand getrennt, musste man einige Stufen nach unten steigen, um die alte Kirche zu betreten. Weil dort der Taufstein stand, wollte ich diesen geistlichen Abend mit den Gästen dort erleben. Dort rechtzeitig angekommen war ich sehr angetan von der strengen Schönheit des kleinen Raumes. Aber noch mehr hat mich verblüfft, dass der Taufstein weg war. Ratlos und verwirrt habe ich mich umgeschaut und nach dem Taufstein gesucht. Die Küsterin konnte mir weiterhelfen und meinte, ja der Stein ist diese Woche nach vorne in die große Kirche getragen worden und steht jetzt rechts an der Seite. Daraus hat sich dann ergeben, dass wir in der kleinen Kirche das Nachdenken und Austauschen und sogar das über Bibeltexte reden machen konnten. In einer Prozession durch die Kirche sind wir dann nach vorn zum Taufstein gegangen und haben eine Tauferinnerung gefeiert. Nicht mit allen Wassern gewaschen sein, war das Anliegen, sondern getauft und beeinflusst vom Wirken des Heiligen Geistes. Nicht mit allen Wassern gewaschen sein wollen wir, sondern das gute Klima des Evangeliums finden. Nicht mit allen Wassern gewaschen sein wollen wir, sondern mit dem Wasser der Liebe, des Friedens und der Barmherzigkeit. Und sehr beeindruckt waren einige der Teilnehmenden von der Zusage Gottes, Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter. "Mir sind die Tränen gekommen; sagt eine Teilnehmerin; denn so habe ich das noch nie gehört und gespürt." Die Taufe immer mal wieder zu erinnern und zu verstehen als Liebeserklärung Gottes an seine Kinder ist ein Erstaunen, ein Bewegt und beeindruckt sein mehr als wert. Und wenn Sie am Sonntag zum Gottesdienst gehen und, eigentlich sehr automatisch mit dem Weihwasser ein Kreuzzeichen machen, halten Sie kurz an und bedenken Sie: Ich bin eine geliebte Tochter, ein geliebter Sohn Gottes.


Es ging um die Taufe, die Erinnerung an unsere Anfänge als Christen, an diesem Abend in einer kleinen Gemeinde im Sauerland. Die traumhaft schöne Kirche war nach der Renovierung neugeweiht worden und Fotos davon hatten mich neugierig gemacht. Ganz hinten ist die sogenannte Alte Kirche mit dem Taufbecken. Von einer Glaswand getrennt, musste man einige Stufen nach unten steigen, um die alte Kirche zu betreten. Weil dort der Taufstein stand, wollte ich diesen geistlichen Abend mit den Gästen dort erleben. Dort rechtzeitig angekommen war ich sehr angetan von der strengen Schönheit des kleinen Raumes. Aber noch mehr hat mich verblüfft, dass der Taufstein weg war. Ratlos und verwirrt habe ich mich umgeschaut und nach dem Taufstein gesucht. Die Küsterin konnte mir weiterhelfen und meinte, ja der Stein ist diese Woche nach vorne in die große Kirche getragen worden und steht jetzt rechts an der Seite. Daraus hat sich dann ergeben, dass wir in der kleinen Kirche das Nachdenken und Austauschen und sogar das über Bibeltexte reden machen konnten. In einer Prozession durch die Kirche sind wir dann nach vorn zum Taufstein gegangen und haben eine Tauferinnerung gefeiert. Nicht mit allen Wassern gewaschen sein, war das Anliegen, sondern getauft und beeinflusst vom Wirken des Heiligen Geistes. Nicht mit allen Wassern gewaschen sein wollen wir, sondern das gute Klima des Evangeliums finden. Nicht mit allen Wassern gewaschen sein wollen wir, sondern mit dem Wasser der Liebe, des Friedens und der Barmherzigkeit. Und sehr beeindruckt waren einige der Teilnehmenden von der Zusage Gottes, Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter. "Mir sind die Tränen gekommen; sagt eine Teilnehmerin; denn so habe ich das noch nie gehört und gespürt." Die Taufe immer mal wieder zu erinnern und zu verstehen als Liebeserklärung Gottes an seine Kinder ist ein Erstaunen, ein Bewegt und beeindruckt sein mehr als wert. Und wenn Sie am Sonntag zum Gottesdienst gehen und, eigentlich sehr automatisch mit dem Weihwasser ein Kreuzzeichen machen, halten Sie kurz an und bedenken Sie: Ich bin eine geliebte Tochter, ein geliebter Sohn Gottes.


"Stühlerücken" steht ab und zu mal in der Zeitung, wenn in großen Konzernen oder in der Politik gleich mehrere Führungspositionen neu besetzt werden. Oftmals ist damit eine Aufbruchstimmung verbunden, denn neue Besen kehren zumindest anders. Einen Stuhl hat auch jeder Bischof, auf dem er in der Liturgie Platz nimmt, eine Kathedra, wie man auf Griechisch sagt.Das heutige Fest "Kathedra Petri" erinnert an den Bischofsstuhl des heiligen Petrus als Bischof von Rom. Und den kann man sich anschauen, wenn man dort im Petersdom ganz vorne unter dem großen Heilig-Geist-Fenster steht. Die ganze Darbietung mag vielleicht etwas protzig daherkommen, aber mir gefällt die Symbolik, das Setting, in das dieser Stuhl eingebunden ist. Es geht da nämlich um die Lehre der Kirche. Der Stuhl ist der Lehrstuhl. Er steht im Petersdom aber nicht ganz allein für sich. Von unten wird er gestützt durch die vier Kirchenväter Ambrosius, Athanasius, Johannes Chrysostomos und Augustinus. Und über allem schwebt der Heilige Geist.Glaubenslehre ist nicht etwas Statisches. Sie benötigt einmal die Theologie und den Rat der Wissenschaft, aber auch der Gläubigen, um sich den Anfragen der jeweiligen Zeit auszusetzen und immer wieder neu zu begründen. Und der Heilige Geist sorgt immer wieder für den notwendigen frischen Wind. Und so manches Mal im Laufe der Kirchengeschichte ist auch der Lehrstuhl der Kirche immer mal wieder in andere Richtungen etwas verschoben worden.Papst Franziskus hat in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass manche Diskussionen neu angestoßen wurden. Und im Moment hat man eher den Eindruck, dass er Angst vor seiner eigenen Courage hat, zwar Leilinien für die Weltsynodenthemen vorlegt, aber ansonsten lieber die alteingesessene Kurie machen lässt.Auch wenn es um bestimmte Positionen immer wieder Streit gibt, so sollten wir bedenken, dass das Gefüge Heiliger Geist, Lehre und Wissenschaft dafür sorgt, dass unser Glaube lebendig bleibt.


Seit meinem Sprunggelenkbruch vor vier Wochen habe ich so eine Unterschenkelorthese, also so einen Plastikstiefel an, der die Beweglichkeit einschränken und den Fuß stabilisieren soll.Und wenn ich dann nach nebenan in die Kirche will, brauche ich noch zwei Unterarmstützen, damit ich den Fuß nicht belaste. Viele von Ihnen haben das an sich selbst schon erlebt und kennen die Einschränkungen und die komplizierten Abläufe, die das mit sich bringt. Viele gute Wünsche bekommt man dann um gute Besserung und viel Geduld und so weiter. Am Sonntag im Gottesdienst saß neben mir ein Herr mit seinem Enkel, der vielleicht ein Jahr alt ist. Er kommt in die Bank neben mich, strahlt mich an und ich strahle zurück. Und dann sieht er meinen dicken Stiefel und die Stöcke und verkündet sehr laut: "Oh, Aua da!" Ja er hatte vollkommen recht. Da war echt viel "Aua da" und ich war amüsiert ob seiner Anteilnahme. Aber wer kleine Kinder hat oder kennt, weiß auch, dass das dann nicht mehr aufhört. Während der ganzen Heiligen Messe, beim Wechseln vom Schoß der Oma auf Opas Schoß, beim Zurückkommen vom "Vater unser" am Altar mit seiner großen Schwester oder dem Kommuniongang mit Papa, immer wenn er meinen Fuß sah, kam laut und deutlich: "Oh, Aua da!" und mit dem Zeigefinger deutlich allen zeigen, wo das Aua ist. Kinder können das laut und ungeniert, ungebremst und ausdauernd.Aber auch viele Erwachsene tun das zurzeit laut und ungeniert. Sie weisen hin, dass kein Brief der Kurie aus Rom etwas stoppen sollte, was helfen wird, den Missbrauch in unserer Kirche endlich aufzuarbeiten und dann zu beenden. Dass kein noch so verzögertes Verfahren gegen Kirchenobere der Aufarbeitung dient und den Eindruck erweckt, dass gegen Chefs mit milderem Maß gemessen wird. Sie weisen hin und halten den Finger drauf, dass es immer noch unerträglich ist, wie mit Frauen in dieser Kirche umgegangen wird. Es ist nicht so einfach, immer und immer wieder laut und deutlich zu sagen, wo in unserer Kirche das große AUA, die großen Verletzungen und Schmerzen sind und wo es notwendig bleibt, sie solange zu benennen und zu beklagen, bis sich etwas ändert, bis Reformen eine Heilung möglich machen und es Menschen möglich macht, in dieser Kirche zu bleiben oder sogar wieder zu ihr zurückzukehren.