Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verspricht es immer wieder und bei jeder Gelegenheit: Deutschland wird 2045 eine der ersten klimaneutralen Industrienationen weltweit sein. Aber weiß der Regierungschef eigentlich, was das bedeutet? Zum Beispiel müssten weite Teile Mecklenburg-Vorpommerns zurück in Moore verwandelt werden, denn 30 Prozent aller Emissionen dieses Bundeslandes stammen aus trockengelegten Mooren – mehr als Industrie oder Verkehr verursachen. Häuser aus Beton können wir dann nicht mehr bauen, beim Herstellen von einer Tonne Zement entstehen rund 700 Kilogramm des Treibhausgases Kohlendioxid. Straßenbrücken aus Beton reparieren, Eisenbahnschwellen verlegen, neue Straßen bauen – geht in einem klimaneutralen Deutschland schlichtweg nicht. Die deutsche Landwirtschaft war 2021 für die Freisetzung von insgesamt 56,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalenten verantwortlich – 7,4 Prozent der gesamten Treibhausgas-Emissionen Deutschlands. Aber irgendetwas essen müssen die Menschen in einem klimaneutralen Deutschland ja trotzdem. Oder die Bundeswehr: Nach Erhebung der Wehrbeauftragten der Bundeswehr, Eva Högel, sollen die Emissionen der Truppe in den letzten drei Jahren um 18 Prozent gestiegen sein. Der Deutschlandfunk zitiert Eva Högel so: "Deutlich zu kritisieren ist, dass es bei der Elektromobilität nur schwer nachvollziehbare Verzögerungen beim Bau von Ladesäulen gibt."Im Jahr 2022 hatten demnach von den 42.500 zivilen Fahrzeugen der Bundeswehr lediglich 700 einen voll- oder hybridelektrischen Antrieb. Der Bericht "Kritische Bestandsaufnahme für eine Bundeswehr der Zukunft" aus dem Jahr 2022 prognostiziert: "mind. 20 Mrd. Euro ... mit Blick auf die Umsetzung der Klima- und Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung."Klar ist, dass die Weichen bei der Beschaffung von neuem Bundeswehr-Material jetzt gestellt werden. Denn neue Hubschrauber, Panzer, Flugzeuge, die jetzt gekauft werden, bleiben lange im Bestand der Truppe. Die Streitkräfte weltweit sind für 5,5 Prozent der globalen Emissionen zuständig. Nicht eingerechnet ist der Krieg selbst, also Abfeuern von Munition, das Sprengen von Treibstofflagern, zerstörte Wälder, die Versorgung der Verletzten oder der notwendige Wiederaufbau nach der Zerstörung. Aber kann es so etwas wie einen klimaneutralen Panzer geben? Klimaneutrale Streitkräfte, ja: klimaneutrale Kriege? Eine spannende Recherche von Julia Weigelt im Deutschlandfunk.
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